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Herd-Anziehungskraft

 Wie alles begann ...

Die "Herd-Anziehungskraft", seine Leidenschaft fürs Kochen, wurde ihm gewissermaßen in die Wiege gelegt. Schon als Kind wollte er im Betrieb seiner Eltern, der „Krone“ in Inzlingen, immer mitarbeiten. Allerdings war er noch zu klein, um auf die Tischplatte schauen zu können – aber davon hat er sich nicht abhalten lassen: Er hat sich einfach auf eine Kiste gestellt. Seine Eltern haben ihn damals aber eher gebremst und wollten, dass er sich auf die Schule konzentriert. „Im Nachhinein glaube ich, dass ich daraus viel Motivation gezogen haben: Gerade was ich nicht durfte, wollte ich umso mehr“, erzählt Wiedmer.

Wiedmers "Loup de mer" - Wolfsbarschfilet.
Wiedmers "Loup de mer" - Wolfsbarschfilet. – © Jürg Waldmeier

 

Zu seinen Lehrmeistern – neben Tanja Grandits und dem damaligen Küchenchef in der „Krone“ – zählt er seine Eltern aber unbedingt. „Mit meiner Mama habe ich oft Schweinegeschnetzeltes mit Pilz-Sauce gekocht, das war mein erstes Gericht. Und Dampfnudeln haben wir auch häufig gemacht“, erinnert er sich.

Bereits seit 2014 ist Wiedmer Küchenchef und mittlerweile auch Geschäftsführer im „Eckert“ in Grenzach-Wyhlen nahe der Schweizer Grenze. Von 2011 bis 2014 absolvierte er seine Kochlehre im „Stucki“ bei 2-Sterne-Köchin Tanja Grandits in Basel. Zum „Eckert“ gehört ein Hotel mit 46 Zimmern, das sein Vater führt und das ebenfalls Lobeshymnen in den Gastroführern erntet.

Seinen Kochstil, der im „Gault Millau“ mit 2 Hauben ausgezeichnet ist, beschreibt er als junge Fusion-Küche: „Wir kombinieren unterschiedliche Bereiche miteinander. Die Leichtigkeit aus der asiatischen Küche, die feinen Gewürztöne aus der orientalischen Küche, das Klassische aus der französischen Küche.“

Die Inspiration für seine ausgezeichneten Gerichte kommt ihm oft bei Alltäglichem: „Ich laufe einfach mit offenen Augen durch die Welt.“ Inspirierend sind für ihn auch Design und Architektur – mit Vitra in Weil am Rhein liegt eine großartige Design-Firma in der Nähe seines Arbeitsorts. Natürlich ist er auch viel im Schwarzwald unterwegs, um die Küche von Kollegen zu probieren und neue Produkte kennenzulernen. Dazu gehören etwa „Schwarzwald Miso“, eine fermentierte Würzpaste, oder neue Gins. Auch die edlen Tropfen aus dem Weinland Baden werden im „Eckert“ großgeschrieben, genauso wie Schwarzwälder Schinken.

Einen klassischen Tagesablauf gibt es bei Wiedmer nicht. „In erster Linie bin ich Koch und für die Kreativ-Arbeit in der Küche zuständig. Aber gleichzeitig kümmere ich mich um die Organisation des Betriebs und arbeite an Projekten.“ Dazu gehören ein Pop-Up-Restaurant, in dem es Käsefondue gibt, oder Kitchen-Partys, bei denen Wiedmer weitere Sterneköche einlädt, die sich im ungezwungenen Rahmen über die Schulter blicken lassen. Auch darum steht Wiedmer wie andere Mitstreiter*Innen für einen Paradigmenwechsel – Spitzenküche muss nicht elitär sein.

Wiedmer darf sich seit 2018 mit einem Michelin-Stern schmücken.
Wiedmer darf sich seit 2018 mit einem Michelin-Stern schmücken. – © Jürg Waldmeier

 

Zwar zieht Wiedmers „junge“ Sterneküche nicht automatisch junge Gäste an. „Der Altersdurchschnitt unserer Gäste liegt zwischen 40 und 50 Jahren. Als ich 2014 im „Eckert“ angefangen habe, waren die Gäste aber noch deutlich älter. Also es entwickelt sich etwas.“

Das „Eckert“ versteht er als „casual fine dining“: Man muss nicht im Anzug kommen, es geht auch im gepflegten Pullover.

Sein Anspruch ist ohnehin universal: „Wir möchten unsere Gäste mit auf eine kulinarische Reise nehmen.“

Mehr Infos zum Restaurant und Hotel „Eckert“ unter www.hotel-eckert.de

 

Text:    Michael Gilg
Bilder: Jürg Waldmeier